Astrid Köppe
* 1974 in Köthen, DE
Lebt und arbeitet in Berlin.
Flüssiges Sehen
Wenn wir sehen, sehen wir subjektiv, das heißt, es ist unentkoppelbar von unseren anderen Sinnen, wir sehen selektiv, wir lassen Stimmungen und Erfahrungen entscheiden, was wir sehen, und wie wir das Gesehene wo in unser Leben einordnen.
Ein Baum macht Geräusche, verbreitet Gerüche, man kann ihn fühlen, er kann fühlen und hat eine Geschichte, im Kontext anderer Geschichten, er kann Brett werden, ein Vogel kann in ihm wohnen, Würmer können ihn auffressen, er kommuniziert mit anderen Bäumen, er verwandelt Licht in Zucker. Er verwandelt schlechte Luft in gute Luft. […] alles diffundiert in alles, in einem riesigen kosmologischen Kontext […].
Dagegen sind unsere Leben kaum wahrnehmbare Wimpernschläge […].
Astrid Köppes Zeichnungen und Emaille-Arbeiten bewegen sich genau in diesem Transitraum, wie von einer Wimper ausgedacht und einer zweiten Wimper gemalt, was ist noch organisch, wo manifestiert sich die filigrane Behauptung zur nicht minder filigranen Wirklichkeit, Interpretationen bleiben flüssig wie unsere Blicke, die die Sicht der Dinge abwarten. […]
Vielleicht hat ein Baum zugesehen, und er rauscht, er weiß mehr als wir, und dieses Wissen, das ist die Kunst von Astrid Köppe. Und jetzt lächelt sie.
© Tex Rubinowitz, Wien 2019